Der Landschaftsraum

Kaum ein anderer Naturpark kann vom Naturhaushalt her eine ähnliche Vielfalt bieten: Diesseits der Donau erstreckt sich das Naturparkgebiet vom Lallinger Winkel und charakteristischen Bogenberg weg, bis hinauf über die Vorberge des Bayerischen Waldes zum Quarzpfahl. Von dort geht es über die Bergmischwaldlagen bis hin zu den Hochlagen-Fichtenwäldern und den Hochmooren im bayerisch-böhmischen Grenzgebirge. Die höchste Erhebung ist mit knapp 1456 m üNN der Große Arber.

Während im Inneren Bayerischen Wald Waldanteile von bis zu 90 % erreicht werden, ist das ganze Gebiet im Durchschnitt zu 48 % bewaldet. Als Teil des größten geschlossenen Waldgebietes in Mitteleuropa ist der Bayerische Wald für den Natur- und Landschaftsschutz von überragender Bedeutung. Die natürlichen bzw. noch recht naturnahen Wälder in der Grenzregion und die attraktive und historisch gewachsene Kulturlandschaft des übrigen Naturparkgebietes machen den Naturpark Bayerischer Wald zu einem wichtigen Baustein im Schutzkonzept für die Großlandschaft des Bayerischen Waldes.

Da im Bereich des Naturparks alle Biotoptypen des Bayerischen Waldes vorkommen, blieb das breite Artenspektrum an Tieren und Pflanzen weitgehend erhalten. Zahlreiche Tier- und Pflanzenarten finden hier letzte Rückzugsgebiete. So leben hier z. B. noch der Fischotter, der Flussuferläufer und Flussperlmuscheln. Auch die Naturparkflora enthält etliche Kostbarkeiten wie z. B. den Ungarischen Enzian, seltene Orchideenarten und die Dreispaltige Binse.

Naturräumliche Gliederung

Der Naturpark Bayerischer Wald ist Teil einer Mittelgebirgslandschaft, die sich in die Teilräume Donautal, Vorderer Bayerischer Wald, Regen - und Ilztal und den Inneren Bayerischen Wald untergliedern lässt.

Das Donautal

Das Donautal zeichnet sich durch zum Teil noch intakte Auwälder aus, die vielen Tier - und Pflanzenarten einen Lebensraum bieten. Dabei sind viele Gebiete vom offenen Flusslauf abhängig, wie Wasserbereiche mit offenen Schlammflächen, Feuchtwiesen und ausgedehnte Verlandungszonen mit Röhricht, Großseggenried und Weichholzauen, sowie Stillgewässer.

Vorderer Bayerische Wald

Vorderer Bayerischer Wald

Der Vordere Bayerische Wald stellt einen weitgehenden unzerschnittenen Raum mit vielen Wäldern und sehr arten - und strukturreichen waldfreien Flächen dar. Zu den freien Flächen gehören unter anderem Moor - und Quellgebiete, ausgedehnte Streuwiesen und große Heckengebiete und Bergwiesen. Außerdem findet man in diesem Raum auch noch ausgedehnte Streuobstbestände, wie beispielsweise im Lallinger Winkel. Der Vordere Bayerische Wald ist das Vorwaldgebiet zu dem Inneren Bayerischen Wald, in welchem auch der Nationalpark liegt.

Täler von Regen und Ilz

Die Täler von Regen und Ilz sind zum größten Teil noch in naturnahem Zustand, auch wenn an beiden Flüssen sehr viel Wasser zur Elektrizitätserzeugung abgezweigt wird. Die beiden Fließgewässer haben stark verzweigte Flusssysteme, welche Lebensräume für hochgradig bedrohte oder seltene Arten bereitstellen und so auch Biotopverbundachsen darstellen. Das Ilztal war nicht umsonst Deutschlands Flusssystem des Jahres 2002/2003. Der Erhalt der naturnahen und wenig belasteten Fließstrecken, sowie die Renaturierung bereits verbauter Abschnitte ist ein vorrangiges Ziel, um den Lebensraum der charakteristischen Lebensgemeinschaften zu verbessern oder wiederherzustellen.

Innerer Bayerischer Wald

Der Innere Bayerische Wald zeichnet sich durch seine großen zusammenhängenden Wälder aus und ist Teil des größten zusammenhängenden Waldgebietes in Europa. Dadurch stellt dieser Naturraum einen wichtigen Lebensraum und ein Wiederausbreitungszentrum von seltenen Arten wie Auerhuhn, Schwarzstorch, Fischotter und Luchs dar.
Im Bereich des Naturparks ist man bemüht diese Region als Randgebiet zu dem Nationalpark dahingehend zu entwickeln, dass Pflanzen und Tieren auch außerhalb des strenger geschützten Nationalparks ein Lebensraum bzw. Ausbreitungsmöglichkeiten gegeben werden. Dazu müssen Fließgewässer renaturiert und Waldgebiete in einen naturgemäßen Zustand überführt werden. Die touristische Entwicklung sollte daher auf die Bedürfnisse dieser schützenswerten Arten abgestimmt sein und ausreichend große Ruheräume zur Verfügung stellen.

Geologie - ein kurzer Überblick

Prägend für die Geologie des Naturparks ist die "Böhmische Masse", mit dem Bayer- und Böhmerwald am Westrand. Die Böhmische Masse ist Teil eines uralten Gebirgsmassivs, das seit dem Erdalterum die Geologie Mitteleuropas dominiert. Zum größten Teil stammt dieses Urgestein aus der Zeit vor 350 bis 500 Millionen Jahren, doch finden sich auch Gesteinsalter von mehr als 800 Millionen Jahren. Zum Vergleich: die Auffaltung der Alpen begann vor ca. 65 Millionen Jahren.

Bei den in unserem Raum vorkommenden Gesteinen handelt es sich hauptsächlich um "Umwandlungsgesteine" (Metamorphite), wie zum Beispiel Gneise, die u.a. aus bis zu einer Milliarde Jahre alten Meeresablagerungen entstanden sind. Später wurden diese Gneise von Gesteinsschmelzen aus dem Erdinnern durchzogen, die beim Erkalten den Granit bildeten. Das Donautal bildet beim geologischen Aufbau eine Ausnahme, es ist durch eiszeitliche Niederterrassen und nacheiszeitliche Aufschüttungen geprägt. Der Naturpark beherbergt eine geologische Besonderheit, den Pfahl. Dieser mit Quarz und Schiefer gefüllte "Riss" im Grundgebirge erstreckt sich über mehr als 140 km in nahezu schnurgerader Linie von der Oberpfalz bis nach Oberösterreich.

Detaillierte Informationen zur Geologie erfahren Sie hier: Eiszeit - Glas - Gold - Granit - Pfahl und mehr...

Geologie und Geomorphologie des Böhmischen Massivs

Die Landschaft zwischen der Donau im Süden und der Moldau im Norden gehört zu einer der ältesten Regionen Mitteleuropas, der Böhmischen Masse. Sie ist Teil des ausgedehntesten Gebirgsareals Europas. Kristalline Gesteine sind die vorherrschenden Formationen der Böhmischen Masse.

Langgestreckte Kämme und Rücken in Südost-Nordwest-Richtung (herzynische Streichrichtung) mit Erhebungen von über 1000 m durchziehen das Gebiet und verleihen der Landschaft ihren Mittelgebirgscharakter. Die von Südost nach Nordwest verlaufenden Linien, die sich nicht nur im Verlauf der Gebirgszüge widerspiegeln, sondern ebenso zahlreichen Bächen und Flüssen den Weg weisen, sind das Ergebnis bruchtektonischer Vorgänge entlang von Schwächezonen. Diese bildeten sich im Zuge der Kollision des alpidischen Orogens heraus, wodurch der starre Gebirgsblock zerbrach und in kleinere Schollen und Platten zerlegt wurde.

Am Westrand der Böhmischen Masse gelegen wird der Bayerische und Böhmerwald vorwiegend aus Gneisen, metamorphen basischen magmatischen Gesteinen und Anatexiten aufgebaut: Produkte ihrer geologischen Entwicklung im Laufe der Erdgeschichte.

Vor 1 Mrd. Jahre

Die erdgeschichtliche Entwicklung des Bayerischen und Böhmerwaldes begann bereits vor fast einer Milliarde Jahre, im Proterozoikum. Sande, Tone und Mergel wurden in einem tiefen Meeresbecken abgelagert. Durch die Auflast sanken sie in Tiefen bis zu 30 km ab. Sie gelangten in Bereiche der Erdkruste in denen hohe Drücke (ca. 3000 bis 4000 bar) und Temperaturen (400 bis 600°C) herrschten. Durch die Metamorphose unter diesen extremen Bedingungen entstanden die Gneise , die ältesten Gesteine des Gebirges. Sie stellen das Ausgangsmaterial für die Bildung weiterer Gesteine im Zuge jüngerer Gebirgsbildungen dar.

Die Plattentektonik stellt den Motor der Gebirgsbildungen dar, unbekannt bleibt allerdings das "wie". Von den verschiedenen Möglichkeiten, die bei der Genese des Bayerischen und Böhmerwaldes zur Diskussion stehen, sei nur eine genannt: durch den Kontakt zweier Mikroplatten (bohemische und moldanubische) kam es möglicherweise entweder zur Überschiebung der Platten oder auch zur Subduktion mit anschließender Rücküberschiebung der beiden Krusten. Aufgrund der Vielfalt der Gesteine dieser Landschaft läßt sich bis heute keine eindeutige Bildungsursache anführen.

Vor 300 bis 250 Mio. Jahren

Während der variskischen Gebirgsbildung vor etwa 300 Millionen Jahren wurde der Gebirgsblock wiederum tektonisch stark beansprucht. Es bildeten sich in den Gneisen horizontale und vertikale Klüfte, in die Schmelzen aus Magma eindrangen: So entstanden die Granite; Feldspäte, Quarze und Glimmer sind die wichtigsten Minerale dieses Gesteins.

Auch der Pfahl, der sich vor knapp 250 Millionen Jahren bildete, ist eine Folge dieser Bewegungen. Die nahezu 450 Mio. Jahre aktive Pfahl-Störungszone erstreckt sich heute über etwa 200 km: von Sulzbach bis in den Raum Linz in Österreich. Der Bayerische Pfahl mit ca. 150 km Länge ist ein Teil dieser Störungslinie. Erst durch spätere Erosion gelangte dieser Quarzgang an die Oberfläche.

Vor 65 Mio Jahren

Zuletzt waren es die tektonischen Bewegungen zur Zeit der Alpenbildung im Tertiär, die das Moldanubikum erneut erfassten: Infolge der horstartigen Heraushebung der Böhmischen Masse sowie der Absenkung des Alpenvorlandes (heutige Donauebene) entstand im Süden der Donaurandbruch - eine markante Störung, die das Waldgebirge deutlich vom südlicheren Voralpenland abgrenzt. Es wird vermutet, dass zu diesem Zeitpunkt die höchsten Erhebungen 5000 m erreichten und damit dem Bayerischen Wald Hochgebirgscharakter verliehen.

Tropische Verhältnisse im Tertiär

Im Tertiär herrschten bei uns tropische Klimabedingungen: Intensive Verwitterung setzte ein und führte zum Abtrag höherer Gebirgsteile ohne auf Gesteinsunterschiede Rücksicht zu nehmen. Das flächenhafte eingerumpfte Gesicht des alten Gebirges zeugt von den warm-feuchten Verhältnissen; ebenso die Granitwollsäcke, die in diesem Verwitterungsmaterial schwimmen: Sie haben dem Zugriff standgehalten. Die heutige Oberflächengestalt des Bayerischen und Böhmerwaldes ist im Wesentlichen das Produkt der tektonischen Beanspruchung und intensiven Verwitterung während des Tertiärs.

Vor 2 bis 3 Mio. Jahren

In dieser Zeitkühlte das Klima auf der ganzen Erde ab: das Eiszeitalter begann. Es zeichnet sich durch den mehrmaligen Wechsel von Warm- und Kaltzeiten aus. Während der längeren Kaltphasen (etwa 100.000 Jahre) herrschte Periglazialklima. Die Bildung von Dauerfrostböden und Solifluktion waren vorherrschende Prozesse der Kaltzeiten. In den letzten 100 Jahren diskutierten Forschende immer wieder kontrovers über das Ausmaß der Vergletscherung im Bayerischen und Böhmerwald. Inzwischen scheint sicher: Talgletscher formten nur die höchsten Teile des Gebirges.

Eindrucksvolle Zeugen der Vergletscherung in der Würm-Kaltzeit sind Seen wie der Große und Kleine Arbersee (Foto) auf bayerischer Seite oder der Lacka- und Teufelssee in Böhmen. Sie sind Kar- und Zungenbeckenseen, modelliert durch die ausschürfende Kraft des Gletschers. Jüngste Untersuchungen belegen, dass der kleine Arbersee-Gletscher zum Zeitpunkt seiner maximalen Ausdehnung eine Länge von etwa 2600 m und eine Eismächtigkeit von mindestens 115 m aufwies (Raab 1999: XI).

Die Schneegrenze der Würmvereisung reichte vor etwa 18.000 Jahren bis in eine Höhe von ca. 1000 m. Das Arbermassiv und die Region um Rachel und Lusen waren im bayerischen Teil die wichtigen Vereisungszentren. Hier finden sich auch Spuren, wie Moränen und Gletscherschliffe der drei größten Tal- und Kargletscher: Kleiner Regengletscher, Reschwassergletscher, Rachelgletscher. Die Gletscher erreichten Längen von bis zu 6 Kilometern und bildeten Eisflächen mit maximal 5 Quadratkilometern. Der überwiegende Teil der Landschaft blieb aber selbst in den kältesten Abschnitten der letzten Million Jahre eisfrei. Eine Vegetation aus Sträuchern und Gräsern dominierte, vergleichbar mit der heutigen russischen Tundra. Selbst im nicht vereisten Periglazialgebiet haben die Eiszeiten ihre Spuren hinterlassen: Hier entstanden tiefgründige Dauerfrostböden, die nur im Sommer oberflächlich auftauten. Angesichts einer spärlichen Vegetationsdecke kam es dabei schon bei geringer Hangneigung zu einem hangabwärts gerichteten Bodenfließen, der Solifluktion. An Unterhängen und Talmulden kamen Fließerden, sogenannte periglaziale Deckschichten, zur Ablagerung. Sie bilden das Ausgangssubstrat der Bodenbildung in den Warmzeiten.

Weitere Relikte kälterer Klimate sind Flussterrassen in unterschiedlichen Höhenniveaus. Infolge einer Schotterakkumulation in Kaltzeiten sowie einer Tieferlegung/Einschneidung der Flüsse in Warmzeiten, können isolierte Schottervorkommen höherer Niveaus ehemaligen Flussbetten zugeordnet werden.

Dr. Hans-Peter Niller, Dr. Monika Igl, Dipl. Geogr. Ludwig Rahm

Literatur:

Ahnert F. (1996): Einführung in die Geomorphologie.440S., Stuttgart.
Bayerisches Geologisches Landesamt (Hrsg.): Erläuterungen zur Geologischen Karte von Bayern 1:500 000, 4.Aufl., München 1996, 329 S.
Leser H., Haas H.-D., Mosimann T., Paester R. (1993): Diercke – Wörterbuch der Geographie. Bd.1u.2,Westermann, Braunschweig.
Press F. & Siever R. (1995): Allgemeine Geologie: eine Einführung, Heidelberg: Spektrum, Akad.Verl., 602 S.
Raab T. (1999):Würmzeitliche Vergletscherung des Bayerischen Waldes im Arbergebiet. Diss.Univ.Regensburg,327 S.
Schönenberg R.(1997): Einführung in die Geologie Europas. Freiburg, Rombach.